Im Sommer 2022 waren die deutschen Hochschulbildungsgremien nicht untätig. Zwei neue Empfehlungen wurden veröffentlicht. Im Juli 2022 gab der Wissenschaftsrat seine Empfehlungen zur Digitalisierung in Lehre und Studium heraus. Im September 2022 zog die Kultusministerkonferenz mit ihrem Gutachten zur Digitalisierung im Bildungssystem nach.
Wie die Titel der beiden Reports schon sagen, geht es nicht um die Digitalisierung der Universitätsverwaltung und auch nicht um eine digital unterstützte Forschung. Das ist wieder einmal schade und zu kurz gegriffen. Diese drei Bereiche müssen zusammen gedacht und behandelt werden!
In diesem ersten von zwei Blogposts geht es um das Gutachten der KMK.
Die Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK für den Bildungsbereich Hochschule sind in drei Bereichen gruppiert. Da in der KMK die Länderministerien über ihr eigenes Vorgehen diskutieren, richten sich die Empfehlungen an die Ministerien, nicht an die Hochschulen und nicht an deren einzelne Lehrende.
Die Stärkung digitaler Kompetenzen bei Studierenden und Dozierenden hätte ich mir gerne vor der Covid-Pandemie thematisiert gewünscht. Faktisch haben wir in den letzten beiden Jahren hier einen großen Sprung gemacht, und ich gehe davon aus, dass die beiden nächsten Abiturientenjahrgänge so viel Erfahrung aus dem Homeschooling mitbringen, dass wir darauf gut aufbauen können. Etwas wohlfeil ist der Ruf nach Fortbildung für Lehrende -- das ist an den meisten Hochschulen längst etabliert, aber es wird zu wenig genutzt. Das liegt auch an der Bequemlichkeit der Lehrenden, aber noch viel mehr an der mangelnden Anrechenbarkeit digitaler Lehre auf das Lehrdeputat. Die meisten Hochschulen können nicht selber entscheiden, wie das Lehrdeputat gestaltet wird. Hier sind die Länderministerien selbst gefragt!
Beim Aufbau technischer, räumlicher, fachdidaktischer und rechtlicher Strukturen sehe ich uns CIOs auf jeden Fall mit im Boot. Aber auch hier hängen wir von den Ministerien ab. Um BYOD nutzbar zu macht, braucht es WLAN. Das ist dort schwierig zu installieren, wo wir Hörsäle im Inneren von Stahlbetongebäuden aus den 1970ern vorfinden. Davon gibt es leider nicht so wenige, und diese stehen seit Jahren auf der Bauliste der jeweiligen Länder. Auch für den Übergang zwischen dem physischen und dem digitalen Raum brauchen wir Baumaßnahmen, z.B. um Seminarräume mit Videokonferenztechnologie auszurüsten. Dass wir schließlich IT-Personal so bezahlen müssen, wie es am Personalmarkt üblich ist, sollte selbstverständlich sein, daran hindert uns aber das starre Stellenkorsett des öffentlichen Dienstes.
Die Empfehlung zur Entwicklung von Lehr- und Digitalisierungsstrategien gebe ich gerne weiter und verstärke sie sogar. Wir haben uns an der Uni Bayreuth bereits zum zweiten Mal eine eigene Digitale Agenda gegeben, die uns bis 2025 leiten soll. Gleichzeitig haben wir CIOs in Bayern für alle Hochschulen eine Digitalisierungsstrategie erstellt und setzen diese in einer hochschulübergreifenden Kooperation als Digitalverbund um. Die Empfehlung der KMK fokussiert eher auf den Austausch von Lehr- und Lernmaterial (Open Educational Resources); das ist mir zu kurz. Die wirkliche Musik in der Kooperation spielt finanziell in gemeinsamen Verwaltungsprozessen, z.B. im Einkauf, oder in der Zusammenarbeit in der IT-Sicherheit.
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