Ich habe im Urlaub gerade ein Buch eines amerikanischen Universitätspräsidenten über die Zukunft der Hochschulbildung gelesen (danke an Christian Germelmann für den Link!). Joseph E. Aoun ist Präsident der Northeastern University in Boston, das Buch heisst "Robot-Proof" (daher auch der Titel dieses Posts) und ist bei MIT Press erschienen. Das Buch ist quasi die Langversion mehrerer Artikel, z.B. in der Washington Post vom Oktober 2016 und im Chronicle of Higher Education vom Januar 2016.
Aoun schreibt über die Notwendigkeit, Studierende so auszubilden, dass ihre Berufsprofile möglichst nicht von einer Künstlichen Intelligenz übernommen werden können. In dem Buch stellt er einige Beispiele für Aktivitäten seiner eigenen Universität vor. Er strukturiert in Literacies (im Bologna-Sprech für uns vielleicht: Kenntnisse) und Cognitive Capacities (Fähigkeiten).
Literacies sind Technological Literacy, Data Literacy und Human Literacy. Diese sind in jedem Studiengang zu verorten und stellen fundamentales Wissen dar, ohne welches man im zukünftigen Berufsleben nicht mehr weiterkommt. Technological und Data Literacy sind für ihn zwei verschiedene Dinge, Technological ist eher Programmierung und Data ist der Umgang mit Datenmengen aus einer Anwenderperspektive. Human Literacy beschäftigt sich mit Interkulturalität und Diversität, was wohl in den USA noch mehr zu kurz kommt als bei uns. Für mich sind Literacies damit gedanklicher Teil einer Studium Generale-artigen Struktur im Bachelorstudium. In Deutschland am Weitesten ist hier wohl die Lehrstruktur des Komplementärstudiums am College der Universität Lüneburg.
Konkret müssten (1) Programmier- und Software Engineering-Kenntnisse übergreifend durch spezielles Lehrpersonal des Mittelbaues angeboten werden, vielleicht in Erweiterung bestehender Angebote aus einer Informatik heraus. Das kann relativ allgemein geschehen. Bei (2) Data Literacy müssten je nach Wissenschaftsdisziplin spezifischere Angebote gemacht werden, Labordaten der Naturwissenschaften, Simulationen in den Ingenieurwissenschaften, Umfragen in den Wirtschaftswissenschaften und Interviews in den Sozialwissenschaften etc. sind doch spezifisch. Für (3) Human Literacy könnten all jene Kurse zusammengefaßt werden, die an Universitäten im Bereich Gender, Diversität, Interkulturalität meist ohnehin schon existieren.
Die Capacities sind Critical Thinking, Systems Thinking, Entrepreneurship und Cultural Agility. Jedes Thema für sich könnte schon das Fundament für einen eigenen Masterstudiengang sein, aber Aoun plädiert für das Einbauen in bestehende Studienprogramme (Für Deutschland übersetzt wahrscheinlich ein Teil eines Masterstudiums, in den USA in den letzten beiden Jahren eines vierjährigen Bachelorprogramms). Mehr dazu im zweiten Teil.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen