Donnerstag, 29. Juni 2023

Welche Aufgaben hat ein Hochschul-CIO bezüglich der Einführung und Nutzung generativer KI?

Im Juni 2023 hatten wir auf dem Hochschul-CIO-Kongress in Göttingen eine intensive Diskussion, welche Aufgaben ein CIO einer Hochschule bezüglich der Einführung und Nutzung generativer KI (z.B. ChatGPT) haben sollte. Die Diskussion entspann sich zwischen zwei extremen Positionen, die ich plakativ so dargestellt habe:

✅Die aktive Position ist: Ja, der CIO muss sich unbedingt einbringen und in den Fahrersitz. Es ist eine digitale Technologie, welche die Hochschulen grundsätzlich verändert.

❌Die Gegenposition dazu lautet: Nein, es ist nur eine cloudbasierte Technologie für digitales Lehren und Lernen. Es ist Thema der Hochschuldidaktik bzw. Prorektor:innen für Lehre. Die meisten Whitepaper, journalistischen Artikel und Webseiten von Hochschulen konzentrieren sich auf diese Position. Der/die CIO wird hier nicht gebraucht, denn die Technologieressourcen der Universität werden nicht beansprucht. Oder?

Die Kollegen von EDUCAUSE in den USA haben sich diese Frage auch gestellt und eine interessante Umfrage (Quickpoll) veröffentlicht. Eine große Mehrheit von 83% aller 440 antwortenden Educause-Mitglieder stimmten der Aussage zu, dass Generative KI die Hochschulen in den nächsten drei bis fünf Jahren positiv oder negativ verändern wird. Allerdings unterschieden sich die Antworten je nach Position der Befragten: während 90% der Leitungsebene für "instructional technology" oder von "teaching und learning centers" die Verantwortung dafür bei sich sahen, sagten im Gegenteil 58% der Leitung von IT-Einheiten, dass sie sich für KI nicht verantwortlich fühlten. Was die oben gezeigte Gegenposition unterstützen würde: ChatGPT ist nur (?) eine Frage der Hochschullehre.

Allerdings wurden in der Educause-Umfrage bei der Frage nach konkreten Beispielen auch Anwendungsfelder außerhalb von Lehren und Lernen genannt, unterteilt in die vier Felder: Dreaming, Drudgery, Design, and Development (siehe Grafik).


Und damit ist der/die CIO wieder im Spiel, denn es geht auch in der Administration und der Forschungsverwaltung um eine KI-basierte Assistenztechnologie. Im Workshop in Göttingen konnten wir schon einmal folgende Felder herausarbeiten, in denen sich der/die CIO in der eigenen Hochschule unbedingt einbringen muss.

1. Beratung: Zu allererst geht es um eine strategische Beratung, ein Aufzeigen von Technologieszenarien gegenüber Hochschulleitung und Fakultäten. Hier könnten Szenarien erzeugt werden, wie eine KI-unterstützte Lehre bzw. KI-unterstützte Forschung in 1,3 oder 5 Jahren aussieht. und was das für die Ausrichtung der Universität bedeutet. Wir denken, dass die konkreten Bilder eher von den Fachdisziplinen ausgemalt werden, aber es ist Aufgabe der CIOs, das Thema KI und Vergleichsfälle an diese für eine weitere Diskussion heranzutragen.

2. Erprobung: CIOs sollten sich Verbündete suchen, um Einsatzmöglichkeiten von KI in Verwaltungsanwendungen (z.B. im Dokumentenmanagement), in der Nutzerschnittstelle (Chatbots), im Forschungsinformationssystem (z.B. Clusteranalysen) oder zur Bild- und Textgenerierung für Presse und Marketing auszutesten. Ein konkretes Vorgehen könnte das Higher Education Reference Model (HERM) nutzen, um für jede Business Capability aufzuzeigen, wann KI dort zu erwarten ist und dann proaktiv nach Cases zu suchen. Allerdings sollte man hier mit Bedacht vorgehen: auch ein mit KI unterstützter, aber ansonsten schlechter Prozess wird durch KI nicht automatisch besser.

3. Erwartungsmanagement: Die Erwartungen der Anwender an KI sind derzeit noch nicht stabil -- mangels praktischer Erfahrungen im Umgang mit der Technologie reichen die Ideen von einer reinen Extrapolation des Bestehenden, über Weltuntergangsszenarien, zur Ablehnung oder Abwertung der Technologie. Um wirklich beurteilen zu können, welche Anwendungsfälle und welchen Nutzen KI haben wird, ist es notwendig, Personal zur Beratung in der Hochschule auszubilden, sowohl bei wissenschaftlichem Nachwuchs (wegen der Änderungen in der Forschung), als auch in der Verwaltung.

4. Beschaffung: es ist derzeit noch vollkommen im Fluß, wie der technische Zugang (Schnittstellen, Plugins, Cloud vs. On-Premise) zu Generativer KI aussehen wird. Noch wesentlich wichtiger ist aber der wirtschaftliche Zugang: was ist am günstigsten, wenn man einem ganzen Campus Zugang gewähren möchte: flat-rate Campuslizenzen pro Person? token-basierte Lizenzen pro Zugriff? Für welche Benutzergruppen? Sollte man mit verschiedenen KI-Anbietern parallel Verträge machen oder geht man doch über Zwischenhändler bzw. Aggregatoren? CIOs sollten sich einen Überblick über Anbieter schaffen, auch durch Vernetzung mit anderen (Digitalverbund, HFD, etc.).

Da ist doch einiges zusammengekommen. Ich würde mich freuen, über Ihre Erfahrungen an der eigenen Hochschule zu hören!

Freitag, 9. Juni 2023

The Commodization of the University IT: does IT matter?

We usually think of a university as a geographic place, with buildings on a campus where knowledge is created, shared, and taught. Such a place needs infrastructure: computer networks, WLAN access points, and servers. Really? Whether researchers need to work in a geographic location is likely to be questioned quite a bit, at the latest after the Covid pandemic. Individual disciplines, especially in the humanities and social sciences, almost wholly retreated to the home office, and for many universities, it takes work to bring them back to campus for face-to-face teaching.

So is returning to the University necessary for research disciplines that don't use equipment or labs? Well, yes, shout the students! Ahem, no, say those researchers who had positive experiences lecturing over Zoom, sharing materials with Moodle, and organizing stuff using Teams and OneDrive. If the students can not convince them to return, is there an argument for conducting research on-premise?

Not likely. Scientists are tasked with gaining and disseminating new knowledge through research and publications. Most publications are co-authored with other researchers, preferably at another university. Thus, authors co-edit the research work on commonly available platforms: M365, Google Docs, and Github. Why? Because it does not require to access proprietary infrastructure in another university, usually requiring cumbersome remote access procedures, VPNs, and temporary guest logins. It is just easier to use commonly available, commercial cloud-based systems.

Does it make sense for a university to provide digital resources to individual researchers? The university app, where the canteen plan is the most used feature; the costly lab management software that only two research groups use; the ample data space on university servers, where nobody ever deletes obsolete files? Depending on the scientist and the discipline, providing exclusive hardware and software can be very complex and costly, and the "return on investment" (ROI) for the particular university is questionable.

University IT is on a clear path from being a unique, competitive resource to a commodity infrastructure. Nicholas G. Carr started this discussion for other sectors, but it took some time to reach higher education. Ultimately, digital transformation may thus result in a maximum internet connection on campus so scientists can share their data and texts using digital infrastructure from a commercial cloud or a supercomputing center. Of course, the university would have to pay annual fees for access to the cloud or the data center; but they would save investment in buildings,  energy resources, compute servers, and data servers. The new problems that this creates, are subject to another blog post.