EDUCAUSE, die amerikanische Vereinigung der Hochschul-CIOs, ist durchaus besser organisiert als ihre europäischen oder gar deutschen Pendants. Die Herausforderungen sind aber auch andere: die Hochschulen haben ökonomische Zwänge, leben von vollzahlenden Masterstudiengängen, sind daher auch schneller und konsequenter beim Abschneider alter, kostenträchtiger Zöpfe. Man fragt sich also jedes Mal, wenn man von EDUCAUSE liest: ist das US-spezifisch, oder trifft es auch für deutsche Hochschulen zu? Voilá, anbei die aktuellen TOP10 Themen der amerikanischen Hochschul-IT-Landschaft:
Den erklärenden Artikel dazu findet man unter https://er.educause.edu/articles/2022/10/top-10-it-issues-2023-foundation-models. Die drei abstrakten Felder "Führen mit Weisheit", die "Ultra-intelligente Institution" und "Alles ist überall" können wir einmal so übernehmen -- abstrakt genug ist es ja.
Hinter "Führen mit Weisheit" verbirgt sich ein Blick auf die Führungs- und Personalsituation der Hochschul-IT. Zuerst, nicht überraschend, (#1) die Forderung nach Einbezug in die strategische Planung. In Deutschland haben wir schon seit einiger Zeit, auch durch Untersuchungen von Markus von der Heyde, ein ganz gutes Bild über die Ausprägung von CIO-Funktionen in den Hochschulleitungen. Das können wir also unterschreiben. Der Umgang mit Talenten (#3) ist bei uns ebenfalls ein Problem. Hier steht uns zum Einen das deutsche Dienstrecht im Weg, welches marktübliche Bezahlungen deutlich erschwert. Zum anderen sind Aufstiegsmöglichkeiten selten und wenig flexibel. Unter diesen Bedingungen zu führen (#5) ist auch bei uns eine Herausforderung. Zusammengefasst: ja, alle drei Punkte treffen auch bei uns zu.
Die "ultra-intelligente Institution" kümmert sich um den Studienerfolg durch Nutzung von Data Analytics, sowohl innerhalb des Studiums (#4, #7) als auch bei den Bewerbungen (#6). Den Analysen auch Taten folgen zu lassen (#7), ist dabei nicht selbstverständlich. Learning Analytics ist auch bei uns ein durchaus heißes Thema, welches durch das teilweise sehr deutsch diskutierte Thema Datenschutz aber ein höheres Aufregungspotential birgt. Hier ist sicherlich interessant, welche Technologien mit welchem Erfolg in den USA eingesetzt werden -- Vorreiter sind wir da nicht. Interessant ist allerdings, dass die Schulung zu Privacy und Awareness (#2) zugleich als sehr wichtig eingestuft wird. Hier haben wir vermutlich genauso Nachholbedarf wie die amerikanischen Kolleginnen.
Schließlich gibt es unter "Alles ist überall" eine Wahrnehmung auf den Studienort und Arbeitsplatz Hochschule, der nicht so anders ist, post-Covid, als in allen anderen Branchen. Die Grenzen des Arbeitens (#8) und des Lernens (#9) verschwimmen; Menschen arbeiten von zuhause, Studierende tragen ihre digitale Lernumgebung als primäre Informationsquelle zuhause als auch in der Uni mit sich herum. Anwendungssysteme können auch in der Cloud laufen (#10), nicht mehr nur auf den Servern des Rechenzentrums: eine Chance, kein Fehler.
Im Ergebnis: doch nicht so unterschiedlich. Vielleicht sollten wir uns auch mal mit den Kolleginnen von EDUCAUSE unterhalten?